Immer wieder stellt sich die Frage: Führt die Nicht­durch­füh­rung eines be­trieb­li­chen Ein­glie­de­rungs­ma­nage­ments (BEM) au­to­ma­tisch zu einer Dis­kri­mi­nie­rung wegen einer Be­hin­de­rung nach dem AGG?

Das Ar­beits­ge­richt Nord­hau­sen hat dies – in Ein­klang mit der ge­fes­tig­ten Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts (BAG) – klar verneint.

Das Urteil im Überblick

Nach Auf­fas­sung des Ge­richts reicht die bloße Nicht­durch­füh­rung eines BEM nicht aus, um eine Be­nach­tei­li­gung wegen einer Be­hin­de­rung zu ver­mu­ten (§ 22 AGG). Ent­schei­dend ist, dass der er­for­der­li­che Kau­sal­zu­sam­men­hang zwi­schen der be­haup­te­ten Be­nach­tei­li­gung und der Be­hin­de­rung fehlt.

  • Bereits das Bun­des­ar­beits­ge­richt hatte in einem Urteil vom 28.04.2011 (8 AZR 515/10) fest­ge­stellt, dass ein un­ter­las­se­nes BEM allein kein aus­rei­chen­des Indiz für eine Dis­kri­mi­nie­rung ist.

  • Hin­zu­kom­men müssen weitere kon­kre­te Um­stän­de, die den Ver­dacht einer Be­nach­tei­li­gung wegen einer Be­hin­de­rung be­grün­den. Solche zu­sätz­li­chen An­halts­punk­te konnte die Ar­beit­neh­me­rin im Ver­fah­ren nicht darlegen.

An­for­de­run­gen an die Beweislast

Das Urteil ver­deut­licht die An­for­de­run­gen an die Dar­­le­­gungs- und Be­weis­last im Rahmen des § 22 AGG:

  • Ar­beit­neh­mer müssen In­di­zi­en vor­tra­gen, die ge­eig­net und hin­rei­chend konkret sind, um eine Dis­kri­mi­nie­rung wegen eines in § 1 AGG ge­nann­ten Merk­mals nahezulegen.

  • All­ge­mei­ne Hin­wei­se oder schlich­te Rechts­ver­stö­ße, wie etwa die bloße Miss­ach­tung der BEM-Pflicht, reichen dafür nicht aus.

Be­deu­tung für Arbeitgeber

Auch wenn die feh­len­de Durch­füh­rung eines BEM nicht au­to­ma­tisch eine Dis­kri­mi­nie­rung nach dem AGG dar­stellt, bleibt sie ar­beits­recht­lich riskant:

  • Ar­beit­ge­ber sind ge­setz­lich ver­pflich­tet, nach § 167 Abs. 2 SGB IX ein BEM ein­zu­lei­ten, wenn Mit­ar­bei­ten­de länger als sechs Wochen im Jahr ar­beits­un­fä­hig sind.

  • Un­ter­bleibt dies, kann dies ins­be­son­de­re im Rahmen von Kün­di­gungs­schutz­ver­fah­ren schwer wiegen – bis hin zur Un­wirk­sam­keit einer Kün­di­gung (vgl. BAG, Urt. v. 20.11.2014 – 2 AZR 755/13).

Daten­schutz im BEM nicht vergessen

Das BEM berührt re­gel­mä­ßig sen­si­ble Ge­sund­heits­da­ten. Ar­beit­ge­ber sollten daher nicht nur auf eine rechts­si­che­re Durch­füh­rung achten, sondern auch auf die Ein­bin­dung des Da­ten­schutz­be­auf­trag­ten. Trans­pa­renz, Ver­trau­lich­keit und die Be­ach­tung da­ten­schutz­recht­li­cher Vor­ga­ben sind ent­schei­dend für die Ak­zep­tanz und Wirk­sam­keit des Verfahrens.

Fazit

Die Ent­schei­dung aus Nord­hau­sen reiht sich in die ge­fes­tig­te Recht­spre­chung ein:

  • Kein BEM = nicht au­to­ma­tisch Diskriminierung.

  • Dennoch bleibt die kor­rek­te Durch­füh­rung ar­beits­recht­lich wie da­ten­schutz­recht­lich zwin­gend erforderlich.

Ar­beit­ge­ber tun gut daran, das BEM struk­tu­riert, da­ten­schutz­kon­form und trans­pa­rent um­zu­set­zen – zum Schutz ihrer Be­schäf­tig­ten und zur eigenen recht­li­chen Absicherung.

Auch in­ter­es­sant: BEM – Kor­rek­te Ein­la­dung und In­for­ma­tio­nen sind entscheidend 

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(Autorin: Regina Mühlich, Wirt­schafts­ju­ris­tin, Da­ten­schutz­ex­per­tin und zert. BEM-Fachkraft)

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