
Die EU-Entgelttransparenzrichtlinie (ET-RL) trat am 6. Juni 2023 in Kraft und muss bis spätestens 7. Juni 2026 in nationales Recht umgesetzt werden. In Deutschland wird dies voraussichtlich durch eine Überarbeitung des bestehenden Entgelttransparenzgesetzes (EntgTranspG) erfolgen. Die meisten Vorgaben gelten grundsätzlich für alle Arbeitgeber, lediglich die Berichtspflichten sind von der Unternehmensgröße abhängig.
Ziel der Richtlinie ist mehr Lohngerechtigkeit zwischen Frauen und Männern. Dazu verpflichtet sie Arbeitgeber, Gehaltsinformationen offenzulegen – ein Schritt zu mehr Fairness, aber auch ein rechtliches Spannungsfeld: Denn jede Offenlegung berührt personenbezogene Daten und damit den Datenschutz.
Transparenz ja – aber datenschutzkonform
Die ET-RL schreibt vor, dass Arbeitgeber ihre Beschäftigten über die Entgelte informieren und die Vergütungsstrukturen offenlegen müssen. In Art. 12 der Richtlinie wird ausdrücklich betont, dass jede Verarbeitung personenbezogener Daten den Vorgaben der DSGVO entsprechen muss.
Zwar zählen Gehaltsdaten nicht zu den „besonderen Kategorien personenbezogener Daten“ gemäß Art. 9 DSGVO, sie sind jedoch sehr sensibel. Eine unbedachte Offenlegung kann tief in die Privatsphäre eingreifen. Arbeitgeber müssen daher abwägen, welche Daten tatsächlich erforderlich sind, und sicherstellen, dass diese nur zu dem vorgesehenen Zweck genutzt werden.
Gerade in kleineren Betrieben kann die Identifizierbarkeit einzelner Personen schnell zum Problem werden. Wo Transparenz geschaffen wird, darf der Datenschutz nicht unter die Räder geraten.
Änderungen ab Juni 2026
Für Unternehmen unabhängig der Unternehmensgröße ändert sich u.a.:
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Transparenz bei Stellenausschreibungen (Art. 5): Bereits im Bewerbungsverfahren müssen künftig das Einstiegsgehalt oder die Gehaltsspanne genannt werden. Fragen nach dem bisherigen Einkommen sind ausdrücklich verboten.
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Informationspflicht im Betrieb (Art. 7): Arbeitnehmer erhalten das Recht, Informationen über ihr eigenes Gehalt und Durchschnittsgehälter für vergleichbare Positionen zu erhalten. Die Veröffentlichung hat „in leicht zugänglicher Weise“, als proaktiv, nicht nur auf Anfrage zu erfolgen. Einmal jährlich ist über das Auskunftsrecht zu informieren (Art. 7).
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Auskunftsrecht: Mitarbeitende können Auskunft über ihr eigenes Entgelt und über das durchschnittliche Entgelt vergleichbarer Tätigkeiten (gleiche oder gleichwertige Arbeit) verlangen. Die Auskunft muss innerhalb von zwei Monaten erteilt werden und Angaben zum Durchschnittsverdienst der Vergleichsgruppe (nach Geschlecht) enthalten.
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Die Beweislast bei Entgeltdiskriminierung liegt beim Arbeitgeber (Art. 13 – 23 ET-RL), d.h. er muss beweisen, dass keine unmittelbare oder mittelbare Entgeltdiskriminierung vorliegt.
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Dokumentation: Entgeltentscheidungen sind zu dokumentieren, um belegen zu können, dass sie auf objektiven, geschlechtsneutralen Kriterien beruhen.
Datenschutzfreundliche Umsetzung in der Praxis
Unternehmen sollten sich frühzeitig auf die neuen Vorgaben vorbereiten. Folgende Punkte helfen, rechtliche Risiken zu vermeiden:
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Rechtsgrundlage prüfen: Welche Offenlegungspflichten bestehen konkret?
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Datenschutz-Folgenabschätzung: Risiken der Identifizierbarkeit analysieren.
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Zugriff und Berechtigungen: Nur befugte Personen sollten Lohn- und Gehaltsdaten einsehen dürfen.
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Anonymisierung oder Aggregation: Wo möglich, Daten zusammenfassen statt individualisieren.
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Dokumentation: Abwägungen und Entscheidungen nachvollziehbar festhalten und dokumentieren.
So lässt sich Transparenz erreichen, ohne die Privatsphäre der Beschäftigten zu gefährden.
Fazit
Die Entgelttransparenzrichtlinie bringt Bewegung in die Vergütungssysteme – und neue Herausforderungen für den Datenschutz. Unternehmen sollten die Umsetzung sorgfältig planen und Datenschutz von Beginn an mitdenken. Wer klare Prozesse, Verantwortlichkeiten und Zugriffsbeschränkungen etabliert, kann beiden Anforderungen gerecht werden: gerechte Entlohnung und Schutz personenbezogener Daten.
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