Regina Mühlich - AdOrga Solutions GmbH Datenschutz

Das Gesetz zur Re­ge­lung des Da­ten­schut­zes und des Schut­zes der Pri­vat­sphä­re in der Te­le­kom­mu­ni­ka­ti­on und bei Te­le­me­di­en[1] ist am 01. De­zem­ber 2021 in Kraft ge­tre­ten. In­wie­weit findet das im Te­­le­­kom­­mu­­ni­­ka­­ti­ons-Te­­le­­me­­di­en-Da­­ten­­schut­z­­ge­­setz (TTDSG) ver­an­ker­te Fern­mel­de­ge­heim­nis (§ 3 TTDSG) ge­gen­über Be­schäf­tig­ten (wei­ter­hin) Anwendung?

Per­sön­lich­keits­recht

Als dem Per­sön­lich­keits­recht zu­zu­rech­nen­des Schutz­gut ge­währ­leis­tet Art. 10 GG die Ver­trau­lich­keit der Kom­mu­ni­ka­ti­on, indem in Absatz 1 das Brief­ge­heim­nis sowie das Post- und Fern­mel­de­ge­heim­nis für un­ver­letz­lich erklärt werden. Dies gilt un­ab­hän­gig vom Inhalt und der Art und Weise des Ver­sands oder der per Te­le­kom­mu­ni­ka­ti­on er­fol­gen­den In­for­ma­ti­ons­über­mitt­lung. Das Grund­recht des Fern­mel­de­ge­heim­nis­ses erfasst somit alle mit­hil­fe der ver­füg­ba­ren Te­le­kom­mu­ni­ka­ti­ons­ein­rich­tun­gen er­fol­gen­den Über­mitt­lun­gen von In­for­ma­ti­on.[2]

Ge­schich­te

Erste Re­ge­lun­gen des Te­le­kom­mu­ni­ka­ti­ons­da­ten­schut­zes finden sich in An­knüp­fung an die bis­he­ri­gen Re­ge­lun­gen zu Te­le­gra­phen in § 14 PstVwG iVm §§ 449 ff. Te­le­kom­mu­ni­ka­ti­ons­ord­nung der Deut­schen Bun­des­post (TKO).[3] Die Pri­va­ti­sie­rung des Te­le­kom­mu­ni­ka­ti­ons­an­bie­ters durch die Post­re­form II führte dazu, da das grund­ge­setz­li­che Fern­mel­de­ge­heim­nis (Art. 10 GG) nicht zwi­schen (pri­va­ten) Diens­te­an­bie­tern und Nutzern wirkte, dass der Staat seiner Schutz­pflicht nach­kom­men musste.[4] 1996 erging das Te­le­kom­mu­ni­ka­ti­ons­ge­setz (TKG). 2000 wurde die Te­­le­­kom­­mu­­ni­­ka­­ti­ons-Da­­ten­­schut­z­­ver­­or­d­­nung (TDSV) er­las­sen. Die Eu­ro­päi­sche Te­le­kom­mu­ni­ka­ti­ons­da­ten­schutz­richt­li­nie (97/66/EG) trat in Kraft. 2002 trat die Da­ten­schutz­richt­li­nie für elek­tro­ni­sche Kom­mu­ni­ka­ti­on 2002/58/EG in Kraft. Ihre Vor­ga­ben sind 2004, durch das neue TKG in deut­sches Recht um­ge­setzt worden. 2009 ist die Te­le­kom­mu­ni­ka­ti­ons­da­ten­schutz­richt­li­nie 2002/58/EG durch die Richt­li­nie 2009/136/EG an die tech­ni­schen und Markt­ge­ge­ben­hei­ten an­ge­passt worden. Die Um­set­zung er­folg­te (größ­ten­teils) durch eine No­vel­lie­rung des TKG im Mai 2012.[5]

Rück­blick TKG – § 88 Fern­mel­de­ge­heim­nis a.F.

§ 88 TKG er­streck­te den Schutz des Art. 10 GG auf von Pri­va­ten be­trie­be­ne Te­le­kom­mu­ni­ka­ti­ons­diens­te. Ver­pflich­te­ter Diens­te­an­bie­ter war jeder, der ganz oder teil­wei­se ge­schäfts­mä­ßig Te­le­kom­mu­ni­ka­ti­ons­diens­te er­brach­te oder hieran mit­wirk­te (§ 3 Nr. 6 TKG a.F.). Ver­pflich­tet waren dadurch auch Be­schäf­tig­te, die bei der Er­brin­gung der TK-Dienste mit­wirk­ten, also Zugriff zu den Daten und In­hal­ten der Kom­mu­ni­ka­ti­on hatten und dadurch das Schutz­gut be­ein­träch­ti­gen konnten. Das Fern­mel­de­ge­heim­nis nach § 88 TKG a.F. un­ter­sag­te die un­be­fug­te Kennt­nis­nah­me und Wei­ter­ga­be des Inhalts der Kom­mu­ni­ka­ti­on und auch von deren näheren Um­stän­den (§§ 3 Nr. 30, 96 TKG a.F.).

Be­schäf­tig­ten­ver­hält­nis

Im Rahmen der ar­beits­recht­li­chen Treue­pflicht un­ter­lie­gen Be­schäf­tig­te (§§ 241 Abs. 2, 242 BGB) Ver­schwie­gen­heits­ver­pflich­tun­gen. Der Be­schäf­tig­te ist während der Dauer des Be­schäf­ti­gungs­ver­hält­nis­ses zur Ver­schwie­gen­heit verpflichtet.

Gemäß § 88 Abs. 2 S. 1 TKG a.F. besagte, dass „Zur Wahrung des Fern­mel­de­ge­heim­nis­ses ist jeder Diens­te­an­bie­ter ver­pflich­tet.“ In der Pra­xis­ver­gan­gen­heit hat sich daraus ent­wi­ckelt, dass der Be­schäf­tig­te schrift­lich auf die Ein­hal­tung des Te­le­kom­mu­ni­ka­ti­ons­ge­heim­nis­ses gemäß § 88TKG ver­pflich­tet wurde. Es war zwar korrekt, dass im Zu­sam­men­spiel mit der De­fi­ni­ti­on in § 3 Nr. 6 TKG a.F. der Diens­te­an­bie­ter nicht nur der ei­gent­li­che An­bie­ter von Te­le­kom­mu­ni­ka­ti­ons­diens­ten, wie z.B. der Ar­beit­ge­ber ist, sondern jeder Mit­wir­ken­de ver­pflich­tet war. Also auch Er­fül­lungs­ge­hil­fen und Ar­beit­neh­mer im Rahmen ihres Beschäftigungsverhältnisses.

Al­ler­dings war nicht nor­miert, dass die Ver­pflich­tung schrift­lich zu er­fol­gen hat. Im Hin­blick auf die Re­chen­schafts­pflicht (Artt. 5 Abs. 2, 24 DS-GVO) und der der Be­weis­last­ver­tei­lung (§ 619a BGB) sowie der Nach­weis­pflich­ten im Scha­­dens­er­­satz- und Sank­ti­ons­recht (Art. 83 DS-GVO) ist es sinn­voll die da­hin­ge­hen­de münd­li­che Be­leh­rung und Sen­si­bi­li­sie­rung zu do­ku­men­tie­ren, ggf. ein Merk­blatt aus­zu­hän­di­gen. Das Führen einer Teil­neh­mer­lis­te wäre hier aber auch ausreichend.

Ge­gen­wart TTDSG – Fern­mel­de­ge­heim­nis neu

Das Fern­mel­de­ge­heim­nis ist seit 01.12.2021 in Kapitel 1 § 3 Ver­trau­lich­keit der Kom­mu­ni­ka­tion – Fern­mel­de­ge­heim­nis geregelt.

In Abs. 1 wurde die For­mu­lie­rung aus § 88 Abs. 1 TKG ohne weitere Än­de­run­gen über­nom­men sowie auch Abs. 3 und 4 des TKG. Die unter Abs. 2 des TKG ver­wen­de­te For­mu­lie­rung des Kreises der auf das Fern­mel­de­ge­heim­nis ver­pflich­te­ten Person wurde unter Abs. 2 TTDSG näher kon­kre­ti­siert. Es schafft dadurch für Un­ter­neh­men eine ein­deu­ti­ge­re Re­ge­lung zur Ein­hal­tung des Fernmeldegeheimnisses.

Un­ver­än­dert ist auch die Gül­tig­keit der Ge­heim­hal­tung. Die Pflicht zur Ge­heim­hal­tung besteht auch nach dem Ende der Tä­tig­keit fort, durch die sie be­grün­det worden ist (§ 3 Abs. 2 S. 2 TTDSG).

Be­schäf­tig­ten­ver­hält­nis

Eine schrift­li­che Ver­pflich­tung von Er­fül­lungs­ge­hil­fen und Be­schäf­tig­ten wird auch auch wei­ter­hin mit § 3 TTDSG nicht ge­for­dert. Un­ge­ach­tet dessen ist eine Be­leh­rung über das Fern­mel­de­ge­heim­nis der Be­schäf­tig­ten durch­aus wei­ter­hin angebracht.

Die Be­leh­rung sollte u. a. umfassen:

  • Was schützt das Fernmeldegeheimnis?
  • Wer muss das Fern­mel­de­ge­heim­nis einhalten?
  • Ar­beits­recht­li­che Treue­pflicht und un­be­grenz­te Geheimhaltungspflicht
  • Fall­bei­spie­le, z.B. Ein­zel­ver­bin­dungs­nach­wie­se, Ein­sicht in E-Mail-Postfächer
  • In­ter­nes Vor­ge­hen bei Auskunftsverlangen
  • Folgen von Ver­stö­ßen, z.B. Da­ten­pan­nen, und Kon­se­quen­zen für den Beschäftigten

Die Be­leh­rung kann münd­lich und/oder in Form eines Merk­blat­tes er­fol­gen und/oder (zu­sätz­lich) durch Be­schäf­tig­ten­schu­lun­gen z.B. durch den Da­ten­schutz­be­auf­trag­ten im Rahmen der Datenschutzunterweisung.

Ein­grif­fe in das Fern­mel­de­ge­heim­nis können wei­ter­hin durch eine Ein­wil­li­gung ge­recht­fer­tigt werden. Wobei immer noch nicht geklärt ist, ob bei Zugriff auf private Kom­mu­ni­ka­ti­on nicht nur diesem vom Be­schäf­tig­ten, sondern auch durch den ex­ter­nen Partner zu­ge­stimmt werden muss.[6]

Weitere Bei­trä­ge zum TTDSG
Ge­set­zes­tex­te

§ 3 TTDSG: https://www.gesetze-im-internet.de/ttdsg/__3.html

§ 88 Fern­mel­de­ge­heim­nis (alte Fassung)
(1) 1Dem Fern­mel­de­ge­heim­nis un­ter­lie­gen der Inhalt der Te­le­kom­mu­ni­ka­ti­on und ihre näheren Um­stän­de, ins­be­son­de­re die Tat­sa­che, ob jemand an einem Te­le­kom­mu­ni­ka­ti­ons­vor­gang be­tei­ligt ist oder war. 2Das Fern­mel­de­ge­heim­nis er­streckt sich auch auf die näheren Um­stän­de er­folg­lo­ser Verbindungsversuche.

(2) 1Zur Wahrung des Fern­mel­de­ge­heim­nis­ses ist jeder Diens­te­an­bie­ter ver­pflich­tet. 2Die Pflicht zur Ge­heim­hal­tung besteht auch nach dem Ende der Tä­tig­keit fort, durch die sie be­grün­det worden ist.

(3) 1Den nach Absatz 2 Ver­pflich­te­ten ist es un­ter­sagt, sich oder anderen über das für die ge­schäfts­mä­ßi­ge Er­brin­gung der Te­le­kom­mu­ni­ka­ti­ons­diens­te ein­schließ­lich des Schut­zes ihrer tech­ni­schen Systeme er­for­der­li­che Maß hinaus Kennt­nis vom Inhalt oder den näheren Um­stän­den der Te­le­kom­mu­ni­ka­ti­on zu ver­schaf­fen. 2Sie dürfen Kennt­nis­se über Tat­sa­chen, die dem Fern­mel­de­ge­heim­nis un­ter­lie­gen, nur für den in Satz 1 ge­nann­ten Zweck ver­wen­den. 3Ein­eVer­wen­dung dieser Kennt­nis­se für andere Zwecke, ins­be­son­de­re die Wei­ter­ga­be an andere, ist nur zu­läs­sig, soweit dieses Gesetz oder eine andere ge­setz­li­che Vor­schrift dies vor­sieht und sich dabei aus­drück­lich auf Te­le­kom­mu­ni­ka­ti­ons­vor­gän­ge bezieht. 4Die An­zei­ge­pflicht nach § 138 des Straf­ge­setz­bu­ches hat Vorrang.

(4) Be­fin­det sich die Te­le­kom­mu­ni­ka­ti­ons­an­la­ge an Bord eines Wasser- oder Luft­fahr­zeugs, so besteht die Pflicht zur Wahrung des Ge­heim­nis­ses nicht ge­gen­über der Person, die das Fahr­zeug führt oder ge­gen­über ihrer Stellvertretung.

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