Bereits im antiken Rom hängte man bei Zu­sam­men­künf­ten eine Rose an die Decke. Sie sollte die An­we­sen­den an ihre Ver­schwie­gen­heits­pflicht er­in­nern. Die Rosen in den Beicht­stüh­len dienen eben diesem glei­chen Zweck – „sub rosa dictum“.

Der so­ge­nann­te Eid des Hip­po­kra­tes ist etwa 2.000 Jahre alt, benannt nach dem grie­chi­schen Arzt Hip­po­kra­tes von Kos. Seine Au­toren­schaft ist al­ler­dings nicht ein­deu­tig belegt. Der Eid gilt als erste bin­den­de For­mu­lie­rung der ärzt­li­chen Ethik: „Was ich bei der Be­hand­lung sehe oder höre oder auch au­ßer­halb der Be­hand­lung im Leben der Men­schen, werde ich, soweit man es nicht aus­plau­dern darf, ver­schwei­gen und solches als ein Ge­heim­nis betrachten.“

Die Ver­schwie­gen­heits­pflicht – ver­trag­lich auch als Ver­trau­lich­keit ge­re­gelt und im Straf­ge­setz­buch (StGB) als Ver­let­zung von Pri­vat­ge­heim­nis­sen genannt – ist die recht­li­che Ver­pflich­tung an­ver­trau­te und auch nur bekannt ge­wor­de­ne Ge­heim­nis­se nicht un­be­fugt an Dritte weiterzugeben.
Die Ver­schwie­gen­heits­pflicht ist eben­falls eng mit dem Da­ten­schutz­recht sowie dem Ge­schäfts­ge­heim­nis­ge­setz (GeschGehG) ver­knüpft. Der Ver­schwie­gen­heits­pflicht gilt nicht nur für an­ver­trau­te Ge­heim­nis­se, sondern auch per­so­nen­be­zo­ge­ne Daten und andere Daten und In­for­ma­tio­nen, wie z. B. Geschäftsgeheimnisse.
Ver­pflich­tet sein können sowohl Pri­vat­per­so­nen als auch Amts­trä­ger des Staates (so­ge­nann­tes Amts­ge­heim­nis). Dabei gilt der zur Ver­schwie­gen­heit Ver­pflich­te­te als Ge­heim­nis­trä­ger, der zu Schüt­zen­de als Geheimnisherr.

Wie lange dauert die Ver­schwie­gen­heits­pflicht an?
Ver­trags­part­ner (z.B. Rechts­an­wäl­te, Ärzte, Datenschutz­beauftragte, Ar­chi­tek­ten wie auch Ar­beit­neh­mer) sind grund­sätz­lich auch ohne ex­pli­zi­te ver­trag­li­che Re­ge­lung zur Ver­schwie­gen­heit im Rahmen ihrer Tä­tig­keit ver­pflich­tet. Die Ver­schwie­gen­heits­pflicht ist eine Aus­prä­gung der all­ge­mei­nen Schutz- und Rück­sichts­nah­me­pflich­ten der Ver­trags­part­ner ge­gen­über ein­an­der, wonach dieser auf die ge­schäft­li­chen In­ter­es­sen seines Ver­trags­part­ners (z.B. Auf­trag­ge­ber, Ar­beit­ge­ber) während des Ver­trags­ver­hält­nis­ses Rück­sicht zu nehmen hat. Aus dieser all­ge­mei­nen Schutz- und Rück­sichts­nah­me­pflicht folgt, dass der Ver­trags­part­ner ge­ne­rell über alle An­ge­le­gen­hei­ten Still­schwei­gen zu wahren hat, die ihm im Rahmen seines Auf­tra­ges und/oder Stel­lung in­ner­halb der Or­ga­ni­sa­ti­on bekannt ge­wor­den und an denen der Auf­trag­ge­ber und/oder Ar­beit­ge­ber ein be­rech­tig­tes In­ter­es­se hat.
Von dieser Ge­heim­hal­tungs­pflicht sind ins­be­son­de­re so­ge­nann­te Ge­schäfts­ge­heim­nis­se be­trof­fen. Hier­un­ter ver­steht die Recht­spre­chung alle In­for­ma­tio­nen, die in einem Zu­sam­men­hang mit dem Ge­schäfts­be­trieb stehen, nur einem eng be­grenz­ten Per­so­nen­kreis bekannt und nicht frei zu­gäng­lich sind. Au­ßer­dem sind ge­heim­hal­tungs­pflich­tig, Be­triebs­ge­heim­nis­se, die wie­der­um eher auf tech­ni­sche An­ge­le­gen­hei­ten ab­zie­len wie bei­spiels­wei­se tech­ni­sches Know-how, Wa­ren­be­zugs­quel­len, Pro­duk­ti­ons­plä­ne, Ab­satz­ge­bie­te, Kunden- und Preis­lis­ten. Nicht er­for­der­lich ist hin­ge­gen ein be­stimm­ter (mess­ba­rer) Ge­gen­wert dieser ge­heim­hal­tungs­pflich­ti­gen In­for­ma­ti­on. Es ist folg­lich aus­rei­chend, dass eine Wei­ter­ga­be einer In­for­ma­ti­on an einen Dritten un­er­laubt erfolgt und ne­ga­ti­ve Aus­wir­kun­gen nach sich zieht.
Die Ver­schwie­gen­heits­pflicht gilt grund­sätz­lich während der Dauer des ge­sam­ten Ver­­­trags-, Be­han­d­­lungs-, Be­ra­­tungs- und Ar­beits­ver­hält­nis­ses. Um­strit­ten ist jedoch, ob und in­wie­fern die Ver­schwie­gen­heits­pflicht des Ar­beit­neh­mers auch nach Be­en­di­gung des Ar­beits­ver­hält­nis­ses fort­be­steht. Nach Ansicht des Bun­des­ar­beits­ge­richts ist auch eine über die Be­en­di­gung des Ar­beits­ver­hält­nis­ses hinaus be­stehen­de Ver­schwie­gen­heits­pflicht ver­trag­lich möglich. Um jedoch ein fak­ti­sches Wett­be­wer­bungs­ver­bot des ehe­ma­li­gen Ar­beit­neh­mers zu ver­hin­dern, kann sich eine solche nach­ver­trag­li­che Ver­schwie­gen­heits­pflicht nur auf ein­zel­ne und konkret be­zeich­ne­te Ge­­schäfts- und Be­triebs­ge­heim­nis­se beziehen.

So sind solche In­for­ma­tio­nen, die der Ar­beit­neh­mer redlich im Ar­beits­ver­hält­nis erlangt hat, nach Be­en­di­gung des Ar­beits­ver­hält­nis­ses nicht von seiner Ver­schwie­gen­heits­pflicht umfasst. Ver­stößt ein Ver­trags­part­ner gegen seine Ver­schwie­gen­heits­pflicht, macht er sich be­züg­lich des hier­durch ent­ste­hen­den Scha­dens scha­dens­er­satz­pflich­tig (§ 280 BGB – Scha­dens­er­satz wegen Pflichtverletzung).

Wer oder was sind Berufsgeheimnisträger?
An­ge­hö­ri­ge be­stimm­ter Berufe (z.B. Rechts­an­wäl­te, Geist­li­che, Ärzte, Jour­na­lis­ten), die im Straf­ver­fah­ren zur Zeug­nis­ver­wei­ge­rung be­rech­tigt sind gemäß § 53 StPO (Straf­pro­zess­ord­nung) Be­rufs­ge­heim­nis­trä­ger. Der Umfang des Zeug­nis­ver­wei­ge­rungs­rechts ist auf die bei der Be­rufs­aus­übung an­ver­trau­ten oder bekannt ge­wor­de­nen Tat­sa­chen be­schränkt. Eine Ent­bin­dung des Be­rufs­ge­heim­nis­trä­gers vom Zeug­nis­ver­wei­ge­rungs­recht ist gemäß § 53 Abs. 2 StPO nur möglich und führt in den Fällen des Abs. 1 Nr. 2 b zur Aus­sa­ge­pflicht. Ge­schützt sind auch die Be­rufs­hel­fer der Be­rufs­ge­heim­nis­trä­ger (§ 53a StPO)[1]

Die Da­ten­­­schutz-Grun­d­­ver­­or­d­­nung (DS-GVO) ver­pflich­tet zur Ver­schwie­gen­heit. Be­son­ders Be­rufs­ge­heim­nis­trä­ger sind ver­pflich­tet be­rufs­ge­heim­nis­re­le­van­te Daten be­son­ders zu schüt­zen. So sind diese Be­rufs­grup­pen ver­pflich­tet, an­ge­mes­se­ne tech­ni­sche und or­ga­ni­sa­to­ri­sche Maß­nah­men (Art. 32 DS-GVO) zu im­ple­men­tie­ren, die ge­währ­leis­ten, dass vor allem aber nicht nur be­son­de­re Ka­te­go­rien (sen­si­ble) von per­so­nen­be­zo­ge­nen Daten (Art. 9 DS-GVO) ge­gen­über Dritte nicht of­fen­ge­legt und/oder in falsche Hände geraten.

Der Er­wä­gungs­grund 75 zur DS-GVO weist auf die be­son­de­ren Risiken für die Rechte und Frei­hei­ten von Per­so­nen hin, deren per­so­nen­be­zo­ge­ne Daten ver­ar­bei­tet werden. Ins­be­son­de­re wenn die Ver­ar­bei­tung zu einem

  • phy­si­schen, ma­te­ri­el­len und im­ma­te­ri­el­len Schaden führen kann,
  • die Ver­ar­bei­tung zu Dis­kri­mi­nie­rung, Iden­ti­täts­dieb­stahl oder einen fi­nan­zi­el­len Verlust,
  • zu Ruf­schä­di­gung,
  • zum Verlust der Ver­trau­lich­keit von Be­rufs­ge­heim­nis­sen führen,

sind be­son­de­re An­for­de­run­gen an die Da­ten­si­cher­heit zu stellen. Dies gilt gerade auch u. a. für Man­dan­ten­da­ten in An­walts­kanz­lei­en und Pa­ti­en­ten­da­ten in Arzt­pra­xen. Hier werden häufig Daten ge­spei­chert, deren Miss­brauch zu ge­sell­schaft­li­chen Nach­tei­len, z.B. auch im ar­beits­recht­li­chen Bereich führen kann.

Es gibt na­tür­lich auch Gründe die zu einer Ent­bin­dung der Schwei­ge­pflicht führen können:

  • Ein­wil­li­gung des Patienten,
  • mut­maß­li­che Ein­wil­li­gung des Patienten,
  • Anzeige einer ge­plan­ten Straftat,
  • Be­frei­ung durch Gerichtsbeschluss,
  • zur eigenen Verteidigung,
  • Schutz hö­her­wer­ti­ger Rechtsgüter.

Autorin: Regina Mühlich
[1] http://www.rechtslexikon.net/d/berufsgeheimnisträger/berufsgeheimnisträger.htm zuletzt ab­ge­ru­fen am 28.09.2020

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