Das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt (BVerwG) hat ent­schie­den, dass das Erheben und Spei­chern von in öf­fent­li­chen Ver­zeich­nis­sen ver­öf­fent­lich­ten Te­le­fon­num­mern von Zahn­arzt­pra­xen zum Zweck der Te­le­fon­wer­bung ohne zu­min­dest mut­maß­li­che Ein­wil­li­gung un­zu­läs­sig ist. Eine Be­ru­fung auf den Er­laub­nis­tat­be­stand des be­rech­tig­ten In­ter­es­ses gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO ist in diesem Kontext nicht gerechtfertigt.

Hin­ter­grund des Falls

Eine Firma, die Edel­me­tall­res­te von Zahn­arzt­pra­xen ankauft, sam­mel­te aus öf­fent­lich zu­gäng­li­chen Quellen wie den Gelben Seiten die Namen der Pra­xis­in­ha­ber sowie deren Adres­sen und Te­le­fon­num­mern. Diese Daten nutzte sie, um te­le­fo­nisch zu er­fra­gen, ob die Praxen In­ter­es­se am Verkauf von Edel­me­tal­len haben. Im Januar 2017 un­ter­sag­te die saar­län­di­sche Lan­des­be­auf­trag­te für Daten­schutz und In­for­ma­ti­ons­frei­heit der Firma diese Praxis, sofern keine Ein­wil­li­gung der Be­trof­fe­nen vor­liegt oder bereits ein Ge­schäfts­ver­hält­nis besteht.

Ge­richt­li­che Entscheidungen

Nach er­folg­lo­sen Klagen durch­lief der Fall mehrere In­stan­zen. Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt des Saar­lan­des stellte fest, dass die Da­ten­­­schutz-Grun­d­­ver­­or­d­­nung (DSGVO) die Rechts­la­ge nicht zu­guns­ten der Klä­ge­rin ver­än­dert habe und eine In­ter­es­sen­ab­wä­gung gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO nicht zu­guns­ten der Klä­ge­rin aus­fal­le, da die te­le­fo­ni­sche Werbung ohne zu­min­dest mut­maß­li­che Ein­wil­li­gung gegen § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG verstoße.

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

Das BVerwG be­stä­tig­te diese Sicht­wei­se und betonte, dass bei der Be­ur­tei­lung des „be­rech­tig­ten In­ter­es­ses“ nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO die Wer­tun­gen des § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG zu be­rück­sich­ti­gen sind. Da die Te­le­fon­an­ru­fe der Klä­ge­rin als Werbung gelten und die an­ge­spro­che­nen Zahn­ärz­te als sons­ti­ge Markt­teil­neh­mer ein­zu­stu­fen sind, liegt eine un­zu­mut­ba­re Be­läs­ti­gung vor, wenn keine zu­min­dest mut­maß­li­che Ein­wil­li­gung vor­liegt. Das Gericht stellte fest, dass die Ver­öf­fent­li­chung der Te­le­fon­num­mern der Zahn­ärz­te in öf­fent­li­chen Ver­zeich­nis­sen aus­schließ­lich der Er­reich­bar­keit für Pa­ti­en­ten dient und der Verkauf von Edel­me­tall­res­ten weder typisch noch we­sent­lich für die Tä­tig­keit eines Zahn­arz­tes ist.

Dieses Urteil un­ter­streicht die Be­deu­tung des Da­ten­schut­zes und der Pri­vat­sphä­re im ge­schäft­li­chen Kontext und stellt klar, dass Un­ter­neh­men bei der Nutzung öf­fent­lich zu­gäng­li­cher Kon­takt­da­ten für Wer­be­zwe­cke die ge­setz­li­chen Vor­ga­ben strikt ein­hal­ten müssen.

Fazit aus Da­ten­schutz­sicht – Was können Zahn­ärz­te tun?

Das Urteil des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts be­stä­tigt, dass Te­le­fon­wer­bung ohne (mut­maß­li­che) Ein­wil­li­gung un­zu­läs­sig ist. Für Zahn­ärz­te be­deu­tet das, dass sie sich gegen un­er­wünsch­te Wer­be­an­ru­fe wehren können.

Emp­foh­le­ne Maßnahmen:

✏️ Wer­be­an­ru­fe do­ku­men­tie­ren – Zeit­punkt, Anrufer und Inhalt des Ge­sprächs notieren.
✏️ Be­schwer­de bei der Da­ten­schutz­auf­sicht ein­rei­chen – Un­er­laub­te Te­le­fon­wer­bung kann bei der zu­stän­di­gen Da­ten­schutz­be­hör­de ge­mel­det werden.
✏️ Ein­trä­ge in Ver­zeich­nis­sen über­prü­fen – Falls möglich, Te­le­fon­num­mern nur für Pa­ti­en­ten sicht­bar machen oder Wer­be­nut­zung ex­pli­zit untersagen.
✏️ Sperr­lis­ten nutzen – Falls sich ein Un­ter­neh­men nicht an die Regeln hält, kann es auf eine interne Sperr­lis­te gesetzt werden.

Fazit:

Das Urteil stärkt den Schutz vor un­auf­ge­for­der­ter Werbung und zeigt, dass Un­ter­neh­men nicht einfach auf öf­fent­lich zu­gäng­li­che Kon­takt­da­ten zu­grei­fen dürfen, um ihre eigenen wirt­schaft­li­chen In­ter­es­sen durchzusetzen.

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Quellen:
Pres­se­mit­tei­lung BVerwG – https://www.bverwg.de/pm/2025/5
Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt, Urteil vom 29. Januar 2025, BVerwG 6 C 3.23 https://www.bverwg.de/aktuelles/vorbestellung?vaz=6%20C%203.23%20&vecli=290125U6C3.23.0 
Vor­in­stanz OVG Saar­lou­is, OVG 2 A 111/22, Urteil vom 20. April 2023
Vor­in­stanz VG Saar­lou­is, VG 5 K 461/20, Urteil vom 15. De­zem­ber 2021

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