Da­ten­schutz­ri­si­ko in Dritt­län­der? Deutsch­land und Schweiz im Datenschutzvergleich

Global agie­rend, über­mit­teln immer mehr Firmen per­so­nen­be­zo­ge­ne Daten ins Ausland – oftmals werden Daten ohne groß darüber nach­zu­den­ken und ganz selbst­ver­ständ­lich trans­fe­riert, ohne die da­ten­schutz­recht­li­chen Rah­men­be­din­gun­gen des be­trof­fe­nen Landes näher zu kennen oder zu hin­ter­fra­gen. Was bleibt, ist das Risiko eines Ge­set­zes­ver­sto­ßes, der emp­find­lich ge­ahn­det wird.

EU-/EWR-Länder und Drittländer
Eu­ro­päi­sche Union hin, Eu­ro­päi­sche Union her. Geht es um den Da­ten­trans­fer ins Ausland bietet das ver­ein­te Europa Vor­tei­le. Die Über­mitt­lung in Ver­trags­staa­ten des Eu­ro­päi­schen Wirt­schafts­rau­mes (EWR) wie Nor­we­gen, Island und Liech­ten­stein, ge­stal­ten sich darüber hinaus un­pro­ble­ma­tisch (vgl. „sons­ti­ge aus­län­di­sche Stellen“, § 4 b Abs 2 S. 2 BDSG). Pro­ble­ma­tisch sind Da­ten­trans­fers in Länder, die weder der EU noch dem EWR an­ge­hö­ren. Sie werden als so­ge­nann­te „Dritt­län­der“ betitelt.

Was ist ein Drittland?
„Ein Dritt­land ist ein Staat, in dem ein Da­ten­schutz­recht herrscht, das unter dem Niveau liegt, das mit der Um­set­zung der EU-Rich­t­­li­­nie er­reicht werden sollte.“
Das Bun­des­da­ten­schutz­ge­setz (BDSG) sieht für die Da­ten­über­mitt­lun­gen in ein solches Dritt­land be­son­de­re Re­ge­lun­gen vor. Eine Da­ten­über­mitt­lung ins Nicht-EU-Ausland ist nur dann recht­lich zu­läs­sig, wenn ent­we­der eine Aus­nah­me­re­ge­lung für die kon­kre­te Da­ten­über­mitt­lung vor­liegt oder wenn ein an­ge­mes­se­nes Da­ten­schutz­ni­veau im Sinne des § 4 Abs. 2 S. 2 BDSG durch zu­sätz­lich er­grif­fe­ne Maß­nah­men si­cher­ge­stellt wird.

Dritt­län­der mit an­ge­mes­se­nem Datenschutzniveau
Die EU-Kom­­mis­­si­on hat gemäß Art. 25 Abs. 6 der EU-Da­­ten­­schut­z­rich­t­­li­­nie die Mög­lich­keit, nach ent­spre­chen­der Prüfung das Be­stehen eines an­ge­mes­se­nen Schutz­ni­veaus in be­stimm­ten Dritt­län­dern fest­zu­stel­len. Von dieser Mög­lich­keit hat die Kom­mis­si­on für fol­gen­de Länder Ge­brauch gemacht: Schweiz, Kanada, Ar­gen­ti­ni­en, Guern­sey, Jersey, Isle of Man, Israel, Neu­see­land. Als Folge gilt für diese Länder ein dem EU-Recht ver­gleich­ba­res Da­ten­schutz­ni­veau und eine Da­ten­über­mitt­lung in diese Länder ist ohne eine weitere eigene Über­prü­fung da­ten­schutz­recht­lich zu­läs­sig (unter Vor­be­halt der Zu­läs­sig­keit nach §§ 28 ff. BDSG).

Schweiz versus Deutschland
Die Schweiz gehört nicht zu den EU-Mit­­glied­s­­staa­­ten. Sie ga­ran­tiert aber nach Auf­fas­sung der EU-Kom­­mis­­si­on bei der Ver­ar­bei­tung von per­so­nen­be­zo­ge­nen Daten einen ad­äqua­ten Datenschutz.
Ähnlich wie in Deutsch­land regelt das Da­ten­schutz­ge­setz des Bundes den Daten­schutz für die Bun­des­be­hör­den und für den pri­va­ten Bereich; auf die kan­to­na­len Be­hör­den ist das je­wei­li­ge kan­to­na­le Da­ten­schutz­ge­setz anwendbar.

Kon­trol­liert wird die Ein­hal­tung des Da­ten­schutz­ge­set­zes im Bund durch den „Eid­ge­nös­si­schen Da­ten­­­schutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten“.
Für die Kon­trol­le der Ein­hal­tung der kan­to­na­len Da­ten­schutz­ge­set­ze sind die Kantone selbst zu­stän­dig. Sie sind un­ab­hän­gig und dem Eid­ge­nös­si­schem Da­ten­schutz­be­auf­trag­ten nicht unterstellt.

Ein großer Un­ter­schied zu den Re­ge­lun­gen in Deutsch­land ist, dass in der Schweiz zu­sätz­lich zur Aus­kunfts­pflicht auch eine In­for­ma­ti­ons­pflicht exis­tiert (Art. 14 und Art. 18a): Werden Per­so­nen­da­ten von Bun­des­or­ga­nen be­ar­bei­tet oder be­son­ders schüt­zens­wer­te Per­so­nen­da­ten oder Per­sön­lich­keits­pro­fi­le von pri­va­ten Per­so­nen be­ar­bei­tet, dann müssen grund­sätz­lich die be­trof­fe­nen Per­so­nen aktiv durch den Inhaber der Da­ten­samm­lung in­for­miert werden.

Ähnlich wie es in Deutsch­land und auch in Ös­ter­reich de­fi­niert ist, sind auch in der Schweiz jeg­li­che Daten, die eine Pro­fil­bil­dung er­lau­ben (Art. 3d), den be­son­ders schüt­zens­wer­ten Daten gleichgestellt.

Da­ten­ver­ar­bei­tung in der Schweiz: Deut­scher Auf­trag­ge­ber, Schwei­zer Auftragnehmer
Für die Ver­ar­bei­tung von per­so­nen­be­zo­ge­nen Daten deut­scher Auf­trag­ge­ber gilt das Schwei­zer Da­ten­schutz­ge­setz (DSG). Die Wei­ter­ga­be von Daten ist nach deut­schem Recht immer eine „Über­mitt­lung“ an Dritte (§ 3 Abs. 8 i. V. m. § 3 Abs. 4 BDSG).

Auf­grund der na­tio­na­len Da­ten­schutz­ge­set­ze ist die Rück­über­mitt­lung der Daten an den deut­schen Auf­trag­ge­ber, welcher ein an­ge­mes­se­nes Da­ten­schutz­ni­veau ge­währ­leis­tet (Art. 6 DSG, § 4 b BDSG) nach Schwei­zer Recht un­pro­ble­ma­tisch und zulässig.

Der Schwei­zer Auf­trag­neh­mer (Dienst­leis­ter) ist nach Art. 7 DSG ver­pflich­tet, per­so­nen­be­zo­ge­ne Daten durch ent­spre­chen­de tech­ni­sche und or­ga­ni­sa­to­ri­sche Maß­nah­men zu schüt­zen. Dies wird mit Art. 8 – 10 DSG konkretisiert.

Da­ten­ver­ar­bei­tung in Deutsch­land: Schwei­zer Auf­trag­ge­ber, deut­scher Auftragnehmer
Die Auf­trags­da­ten­ver­ar­bei­tung nach BDSG (§ 11 BDSG) ent­spricht Art. 10 a DSG. Die Ver­ar­bei­tung an Dritte darf er­fol­gen, wenn die per­so­nen­be­zo­ge­nen Daten nur so ver­ar­bei­tet werden, wie der Auf­trag­ge­ber es selbst tun darf.
Art. 10 a Abs. 3 DSG besagt, dass der Dritte die­sel­ben Recht­fer­ti­gungs­grün­de wie der Auf­trag­ge­ber geltend machen kann. Art. 13 Abs. 2 DSG regelt die Recht­fer­ti­gungs­grün­de al­ler­dings nicht ab­schlie­ßend. Er enthält viel­mehr einen Beispielkatalog.

Tech­ni­sche und or­ga­ni­sa­to­ri­sche Maß­nah­men im Ländervergleich
Bei der Be­reit­stel­lung tech­ni­scher und or­ga­ni­sa­to­ri­scher Maß­nah­men (TOM) zum Schutz per­so­nen­be­zo­ge­ner Daten kennen das Schwei­zer DSG und das deut­sche BDSG ver­gleich­bar ge­setz­li­che Anforderungen:

• § 11 Abs. 1 und 2 BDSG ver­pflich­tet die ver­ant­wort­li­che Stelle (Auf­trag­ge­ber), seine Dienst­leis­ter sorg­fäl­tig aus­zu­wäh­len und zu kontrollieren.

• Das Schwei­zer Recht ver­pflich­tet im Art. 10a Abs. 2 DSG den Auf­trag­ge­ber sich zu ver­ge­wis­sern, dass der Dienst­leis­ter den Daten­schutz und die Da­ten­si­cher­heit gewährleistet.

Die TOMs zur Ge­währ­leis­tung des Da­ten­schut­zes und der Da­ten­si­cher­heit sind im BDSG sowie in der Ver­ord­nung zum DSG ge­re­gelt. Wei­test­ge­hend stimmen die Re­gu­la­ri­en beider Länder überein:

TOM Deutsch­land Schweiz
Zu­tritts­kon­trol­le § 9 BDSG Nr. 1 der Anlage Zu­gangs­kon­trol­le Art. 9 Abs. 1a VDSG
Zu­gangs­kon­trol­le § 9 BDSG Nr. 2 der Anlage Be­nut­zer­kon­trol­le Art. 9 Abs. 1f VDSG
Zu­griffs­kon­trol­le § 9 BDSG Nr. 3 der Anlage Per­so­nen­da­ten­trä­ger­kon­trol­le, Spei­cher­kon­trol­le, Zu­griffs­kon­trol­le Art. 9 Abs. 1b, e und g VDSG
Wei­ter­ga­be­kon­trol­le § 9 BDSG Nr. 3 der Anlage Trans­port­kon­trol­le, Be­kannt­ga­be­kon­trol­le Art. 9 Abs. 1c und d VDSG
Ein­ga­be­kon­trol­le § 9 BDSG Nr. 5 der Anlage Ein­ga­be­kon­trol­le Art. 9 Abs. 1 h VDSG
Auf­trags­kon­trol­le § 9 BDSG Nr. 6 der Anlage Der Auf­trag­ge­ber muss sich ins­be­son­de­re ver­ge­wis­sern, dass der Dritte die Da­ten­si­cher­heit ge­währ­leis­tet. Art. 10a Abs. 2 DSG
Ver­füg­bar­keits­kon­trol­le § 9 BDSG Nr. 7 der Anlage Kein Pendant im DSG. Si­cher­ge­stellt durch All­ge­mei­ne Maß­nah­men. Art. 8 Abs.1 VDSG
Tren­nungs­kon­trol­le § 9 BDSG Nr. 8 der Anlage Kein Pendant im DSG. Fest­le­gung gemäß Art. 10a Abs. 1 DSG möglich.

 

Da­ten­schutz­ver­ant­wort­li­cher (CH) / Be­trieb­li­cher Da­ten­schutz­be­auf­trag­ter (D)
Ähnlich wie im DSG 2000 (ös­ter­rei­chi­sches Da­ten­schutz­ge­setz) gibt es in der Schweiz keine ge­setz­li­che Ver­pflich­tung zur Be­stel­lung eines Datenschutzverantwortlichen.
Das Schwei­zer Recht kennt in Art. 12a VDSG die Mög­lich­keit einen be­trieb­li­chen Da­ten­schutz­ver­ant­wort­li­chen zu be­stel­len. Mit der Be­stel­lung wird das Un­ter­neh­men von seiner Pflicht befreit, seine Da­ten­samm­lun­gen gemäß Art. 11 Abs. 5e DSG anzumelden.

Beide Gesetze kennen des Wei­te­ren die Ver­pflich­tung für Per­so­nen, die per­so­nen­be­zo­ge­ne Daten ver­ar­bei­ten: Art. 8 Abs. 1 VDSG (Ver­trau­lich­keit, Ver­füg­bar­keit, In­te­gri­tät) und § 5 BDSG (Da­ten­ge­heim­nis).

Schweiz und das EuGH-Urteil zu Safe Harbor

Die Schweiz hatte 2008 ein bi­la­te­ra­les Rah­men­ab­kom­men zur Da­ten­über­mitt­lung in die USA, ein so ge­nann­tes „Safe Harbor“-Abkommen mit den USA ver­ein­bart. Auch diese Ver­ein­ba­rung ist vom Urteil am 06. Oktober 2015 des EuGH (Eu­ro­päi­scher Ge­richts­hof) be­trof­fen und wird in Frage gestellt.

Bei der Da­ten­über­mitt­lung in so­ge­nann­te Dritt­län­der gibt es viele Ein­zel­hei­ten zu be­ach­ten. Es spielt eine Rolle, ob das Dritt­land über ein an­ge­mes­se­nes Da­ten­schutz­ni­veau verfügt, in welche Rich­tung Daten fließen, woher diese kommen und ganz be­son­ders auf die in­di­vi­du­el­le Rechts­la­ge im Drittland.

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(Autorin: Regina Mühlich)

Links und Gesetze
VDSG https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19930159/index.html
DSG https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19920153/index.html
§ 9 BDSG www.gesetze-im-internet.de/bdsg_1990/__9.html
Anlage zu § 9 BDSG www.gesetze-im-internet.de/bdsg_1990/anlage.html

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