Nutzung bio­me­tri­scher Daten im Rahmen des Beschäftigungsverhältnis. 

Bio­me­tri­sche Ver­fah­ren nutzen, um eine Person zu iden­ti­fi­zie­ren bzw. zu ve­ri­fi­zie­ren, mess­ba­re und in­di­vi­du­el­le Merk­ma­le. Bio­me­trie be­zeich­net somit die Wis­sen­schaft zur Messung und Analyse bio­lo­gi­scher Charakteristika.

Was sind die gän­gis­ten Verfahren?

  • Fin­ger­ab­druck­er­ken­nung (Dak­ty­lo­gramm)
    Hier wird die Ober­flä­chen­be­schaf­fen­heit und die Ka­pil­lar­leis­ten auf der Un­ter­sei­te der Fin­ger­kup­pe untersucht.
  • Ge­sichts­er­ken­nung
    Hier erfolgt eine Aus­wer­tung der cha­rak­te­ris­ti­schen Merk­ma­le des Gesichts.
  • Au­gen­er­ken­nung (Iri­ser­ken­nung)
    Bei dieser Methode werden mit spe­zi­el­len Kameras Bilder der Re­gen­bo­gen­haut (Iris) des Auges aufgenommen.
  • Ve­nener­ken­nung
    Hierbei werden die Lage und die Ver­zwei­gung der Venen unter der Haut, z.B. der Han­din­nen­flä­che, er­mit­telt. Die Ve­nen­mus­ter sind sehr komplex und bleiben zeit­le­bens un­ver­än­dert. Das Schutz­ni­veau ist hier, wie auch bei der Iri­ser­ken­nung, auf­grund dessen sehr hoch.

Bio­me­tri­sche Ver­fah­ren werden zur Kon­trol­le eines phy­si­schen Zu­tritts zu Räumen oder Gebäude ver­wen­det. Hier kommen vor allem Fin­­ger­a­b­­druck-, Ge­­sichts- und Iri­ser­ken­nung zum Einsatz. Sie werden aber auch zur Kon­trol­le des Zugangs zu Da­ten­ver­ar­bei­tungs­sys­te­men ver­wen­det. Gang-und-gäbe ist das Sze­na­rio des Ent­sper­ren von Mo­bil­funk­ge­rä­ten und Ta­bletts z.B. mit Hilfe der bio­me­tri­schen Cha­rak­te­ris­ti­ka Fingerabdruck.

Bio­me­tri­sche Daten aus Sicht des Datenschutzes

Art. 4 DS-GVO:
[…] 14. „bio­me­tri­sche Daten“ mit spe­zi­el­len tech­ni­schen Ver­fah­ren ge­won­ne­ne per­so­nen­be­zo­ge­ne Daten zu den phy­si­schen, phy­sio­lo­gi­schen oder ver­hal­tens­ty­pi­schen Merk­ma­len einer na­tür­li­chen Person, die die ein­deu­ti­ge Iden­ti­fi­zie­rung dieser na­tür­li­chen Person, die die ein­deu­ti­ge Iden­ti­fi­zie­rung dieser na­tür­li­chen Person er­mög­li­chen oder be­stä­ti­gen, wie Ge­sichts­bil­der oder dak­ty­lo­sko­pi­sche Daten; […]

Bio­me­tri­sche Systeme nutzen be­stimm­te in­di­vi­du­el­le Merk­ma­le einer na­tür­li­chen Person zur Iden­ti­fi­ka­ti­on oder Au­then­ti­fi­ka­ti­on und stellen so eine enge Ver­knüp­fung mit der be­trof­fe­nen Person her.[1] Bio­me­tri­sche Daten sind folg­lich per­so­nen­be­zo­ge­ne Daten (Art. 4 Nr. 1 DS-GVO), zu­min­dest aber per­so­nen­be­zieh­ba­re Daten, d.h. eine be­trof­fe­ne Person ist iden­ti­fi­zier­bar (be­stimm­bar). Die Er­he­bung, Spei­che­rung und Ver­ar­bei­tung (Umgang) ist ver­bo­ten bzw. ist nur dann zu­läs­sig, wenn ent­we­der eine ge­setz­li­che Grund­la­ge oder eine frei­wil­li­ge und in­for­mier­te Ein­wil­li­gung der Be­trof­fe­nen vor­liegt (Art. 6 Abs. 1 DS-GVO).

Die Ver­ar­bei­tung bio­me­tri­scher Daten zur ein­deu­ti­gen Iden­ti­fi­ka­ti­on einer na­tür­li­chen Person ist darüber hinaus nur unter Be­rück­sich­ti­gung der engen Grenzen des Art. 9 DS-GVO und § 22 BDSG möglich:

Artikel 9 der DS-GVO regelt die Ver­ar­bei­tung be­son­de­rer Ka­te­go­rien per­so­nen­be­zo­ge­ner Daten („sen­si­ble Daten“):
(1) Die Ver­ar­bei­tung per­so­nen­be­zo­ge­ner Daten, aus denen […] her­vor­ge­hen, sowie die Ver­ar­bei­tung von ge­ne­ti­schen Daten, bio­me­tri­schen Daten zur ein­deu­ti­gen Iden­ti­fi­zie­rung einer na­tür­li­chen Person, Gesundheitsdaten […]

22 BDSG regelt:
(1) Ab­wei­chend von Artikel 9 Absatz 1 der Ver­ord­nung (EU) 2016/679 ist die Ver­ar­bei­tung be­son­de­ren Ka­te­go­rien per­so­nen­be­zo­ge­ner Daten im Sinne des Ar­ti­kels 9 Absatz 1 der Ver­ord­nung (EU 2016/679 zulässig […]

Im Er­wä­gungs­grund (ErwG) 51 S. 3 werden ins­be­son­de­re unter dem Ge­sichts­punkt von Licht­bil­dern bio­me­tri­sche Daten auf­ge­grif­fen. Danach soll die Ver­ar­bei­tung von Licht­bil­dern grund­sätz­lich nicht den Vor­aus­set­zun­gen der Ver­ar­bei­tung nach Art. 9 DS-GVO un­ter­fal­len. Viel­mehr sind diese le­dig­lich dann als bio­me­tri­sche Daten und damit als be­son­de­re Ka­te­go­rie per­so­nen­be­zo­ge­ner Daten ein­zu­stu­fen, wenn sie mit spe­zi­el­len tech­ni­schen Mitteln ver­ar­bei­tet werden, die die ein­deu­ti­ge Iden­ti­fi­zie­rung oder Au­then­ti­fi­zie­rung einer na­tür­li­chen Person er­mög­li­chen. [2]

Fall­bei­spiel: Zugang zu Fir­men­räu­men mit Hilfe des Fin­ger­ab­drucks [3]

Ein Un­ter­neh­men für Bü­ro­ma­te­ri­al­ver­sand mit ca. 50 Mitarbeiter:innen plant den Einsatz eines bio­me­tri­schen Zu­gangs­sys­tems mittels Fin­ger­ab­druck. Die Firma hat kein si­cher­heits­re­le­van­tes Tätigkeitsgebiet. Der be­ab­sich­tig­te Zweck (Zu­gangs­kon­trol­le) könnte auch mit einer Chip­kar­te, einem PIN-Code oder einem Pass­wort si­cher­ge­stellt werden.

Bei den ver­ar­bei­te­ten elek­tro­ni­schen Fingerabdrücken der Be­schäf­tig­ten handelt es sich um dak­ty­lo­sko­pi­sche und damit um bio­me­tri­sche Daten im Sinne des Art. 4 Nr. 14 DS-GVO. Diese werden auch im Sinne des Art. 9 Abs. 1 DS-GVO zur ein­deu­ti­gen Iden­ti­fi­zie­rung der Mit­ar­bei­ter ver­ar­bei­tet, da nur sie Zugang zu den Firmenräumen er­hal­ten sollen. Als einzige Rechts­grund­la­ge für diese Ver­ar­bei­tung kommt eine Ein­wil­li­gung nach Art. 9 Abs. 2 lit. a DS-GVO in Betracht.

Um wirksam zu sein, muss die Ein­wil­li­gung ins­be­son­de­re frei­wil­lig erfolgt sein. Nach Maßgabe des ErwG 43 ist eine Ein­wil­li­gung dann nicht als frei­wil­lig an­zu­se­hen, wenn ein klares Un­gleich­ge­wicht zwi­schen be­trof­fe­ner Person und dem Ver­ant­wort­li­chen der Da­ten­ver­ar­bei­tung besteht. Dies ist grundsätzlich im Rahmen von Arbeitsverhältnissen an­zu­neh­men. Dennoch sind nach Ansicht des Europäischen Da­ten­schutz­aus­schus­ses auch im Rahmen von Arbeitsverhältnissen Si­tua­tio­nen denkbar, in denen ein Ar­beit­ge­ber nach­wei­sen kann, dass die Ein­wil­li­gung in eine Ver­ar­bei­tung frei­wil­lig er­folg­te, ins­be­son­de­re dann, wenn die Ver­wei­ge­rung der Ein­wil­li­gung kei­ner­lei nach­tei­li­ge Folgen für den Ar­beit­neh­mer gehabt hätte.

Auch nach § 26 Abs. 2 BDSG kann eine Ver­ar­bei­tung per­so­nen­be­zo­ge­ner Daten von Beschäftigten grundsätzlich auf der Grund­la­ge einer Ein­wil­li­gung er­fol­gen. Al­ler­dings sind bei der Be­ur­tei­lung der Frei­wil­lig­keit der Ein­wil­li­gung ins­be­son­de­re die im Beschäftigungsverhältnis be­stehen­de Abhängigkeit der beschäftigten Person sowie die Umstände, unter denen die Ein­wil­li­gung erteilt worden ist, zu berücksichtigen. Frei­wil­lig­keit kann danach ins­be­son­de­re vor­lie­gen, wenn für die beschäftigte Person ein recht­li­cher oder wirt­schaft­li­cher Vorteil er­reicht wird oder Ar­beit­ge­ber und beschäftigte Person gleich­ge­la­ger­te In­ter­es­sen ver­fol­gen. Weder das eine noch das andere ist hier jedoch der Fall.

Eine wirk­sa­me Ein­wil­li­gung in die Ver­ar­bei­tung dak­ty­lo­sko­pi­scher und damit bio­me­tri­scher Daten schei­det je­den­falls dann aus, wenn nicht al­ter­na­tiv die Ver­wen­dung anderer Mittel der Zu­gangs­kon­trol­le, wie Chip­kar­te, PIN-Code oder Pass­wort, an­ge­bo­ten wird.

Für die Nutzung bio­me­tri­scher Daten als Zu­gangs­kon­trol­len im Rahmen des Be­schäf­ti­gungs­ver­hält­nis­ses, ist dies folg­lich nur möglich, wenn Be­schäf­tig­te dieser Art der Zu­gangs­kon­trol­le frei­wil­lig zu­ge­stimmt haben. Es ist hier immer auf die Zweck- und Ver­hält­nis­mä­ßig­keit zu achten. Den Zugang in einen Pau­sen­raum durch z.B. einen elek­tro­ni­schen Fin­ger­ab­druck zu schüt­zen ist nicht ver­hält­nis­mä­ßig, für den Schutz der Ent­wick­lungs­ab­tei­lung, dagegen schon. Vor der Er­he­bung und der Ver­ar­bei­tung bio­me­tri­scher Daten ist daher immer zu prüfen, welche In­ter­es­sen schwe­rer wiegen: Die schutz­wür­di­gen In­ter­es­sen von be­trof­fe­nen Per­so­nen (z.B. Be­schäf­tig­ten) oder die von Or­ga­ni­sa­tio­nen (z.B. Unternehmen).

An­mer­kung
Neben der Zu­läs­sig­keit der Ver­ar­bei­tung bio­me­tri­scher Daten sind die Schutz­maß­nah­men und Risiken für die bio­me­tri­schen Daten zu über­prü­fen, d.h. es ist eine Da­ten­­­schutz-Fol­­gen­a­b­­schä­t­­zung gemäß Art. 35 DS-GVO durch­zu­füh­ren. Dass die Ver­ar­bei­tun­gen im Ver­zeich­nis der Ver­ar­bei­tungs­tä­tig­kei­ten (Art. 30 DS-GVO) zu do­ku­men­tie­ren sind, ist selbst­ver­ständ­lich und sei hier nur der Voll­stän­dig­keit halber erwähnt.

  

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[1] Art.-29-Datenschutzgruppe WP 193 „Zu Ent­wick­lun­gen im Bereich bio­me­tri­scher Tech­no­lo­gien“ v. 27.4.2014, S. 2.

[2] Vgl. HK DS-GVO/BDSG, (2020), Jaspers/Schwarzmann/Mühlenbeck, S. 344, Rn 75, C.F. Müller

[3] Vgl. Kon­fe­renz der un­ab­hän­gi­gen Da­ten­schutz­auf­sichts­be­hör­den des Bundes und der Länder, Po­si­ti­ons­pa­pier zur bio­me­tri­schen Analyse, Version 1.0, Stand: 3. April 2019, S. 26

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