Was ist Videoüberwachung?
Vi­deo­über­wa­chung ist die Be­ob­ach­tung von Orten durch optisch-elek­­tro­­ni­­sche Ein­rich­tun­gen (op­ti­sche Raum­über­wa­chung). Oft erfolgt diese Über­wa­chungs­form in Ver­bin­dung mit der Auf­zeich­nung und/oder Analyse der ge­won­nen au­dio­vi­su­el­len Daten. Die Bild­da­ten werden in der Regel digital ge­spei­chert und können durch eine Soft­ware ana­ly­siert werden. Per­so­nen können z. B. mit der Ge­sichts­er­ken­nung au­to­ma­tisch iden­ti­fi­ziert oder von fah­ren­den Fahr­zeu­gen das Kfz-Ken­n­­zei­chen au­to­ma­tisch erkannt

Per­sön­lich­keits­schutz im Beschäftigtenverhältnis
Un­ab­hän­gig von der Art der Über­wa­chung und Kon­trol­le der Ar­beit­neh­mer und den in­so­weit an­fal­len­den Ver­ar­bei­tun­gen per­so­nen­be­zo­ge­ner Daten der Ar­beit­neh­mer hat der Ar­beit­ge­ber – u. a. auf­grund seiner spe­zi­el­len Ver­pflich­tung aus § 75 Abs. 2 BetrVG [1] bzw. über die Rück­sicht­nah­me­pflicht des § 241 BGB [2] – den An­spruch des Ar­beit­neh­mers auf Per­sön­lich­keits­schutz (Art. 2 Abs. 1 GG) in Gestalt des in­for­ma­tio­nel­len Selbst­be­stim­mungs­recht zu be­ach­ten [3].

Vi­deo­über­wa­chung nach BDSG
Die Über­wa­chung von Räumen und Gelände ist nur unter be­stimm­ten Vor­aus­set­zun­gen zu­läs­sig. § 4 BDSG enthält eine ent­spre­chen­de Vor­schrift mit einem Ab­wä­gungs­ge­bot in Abs. 1:

Eine Be­ob­ach­tung öf­fent­lich zu­gäng­li­cher Räume mit optisch-elek­­tro­­ni­­schen Ein­rich­tun­gen (Vi­deo­über­wa­chung) ist nur zu­läs­sig, soweit sie
1. zur Auf­ga­ben­er­fül­lung öf­fent­li­cher Stellen,
2. zur Wahr­neh­mung des Haus­rechts oder
3. zur Wahr­neh­mung be­rech­tig­ter In­ter­es­sen für konkret fest­leg­te Zwecke 
er­for­der­lich ist und keine An­halts­punk­te be­stehen, dass schutz­wür­di­ge In­ter­es­sen der Be­trof­fen über­wie­gen […] . (§ 4 Abs. 1 Satz 1 BDSG 2018).

In Absatz 3 heißt es weiter „Die Spei­che­rung oder Ver­wen­dung von nach Absatz 1 er­ho­be­nen Daten ist zu­läs­sig, wenn sie zum Er­rei­chen des ver­folg­ten Zwecks er­for­der­lich ist […].“

Rechts­grund­la­ge nach DSGVO
Der Eu­ro­päi­sche Da­ten­schutz­aus­schuss (EDSA) hat am 10.07.2019 Leit­li­ni­en zum da­ten­schutz­kon­for­men Umgang von Vi­deo­über­wa­chung be­schlos­sen. https://edpb.europa.eu/sites/edpb/files/consultation/edpb_guidelines_201903_videosurveillance.pdf

Nach dieser EDSA-Lei­t­­li­­nie kann jeder Er­laub­nis­tat­be­stand des Art. 6 Abs. 1 DSGVO her­an­ge­zo­gen werden. Die häu­figs­ten zum Ansatz kom­men­den von den ins­ge­samt sechs Rechts­grund­la­gen sind:
·  Art. 6 Abs. 1 lit. e) DSGVO „Wahr­neh­mung einer Aufgabe im öf­fent­li­chen Interesse“
·  Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO „Wahrung des be­rech­tig­ten In­ter­es­ses des Verantwortlichen“

Die Kri­te­ri­en des Er­wä­gungs­grun­des 47 sind bei der Be­grün­dung des be­rech­tig­ten In­ter­es­ses her­an­zu­zie­hen. Dem­ge­mäß muss das be­rech­tig­te In­ter­es­se real exis­tie­ren und aktuell sein, somit keine Spe­ku­la­tio­nen, keine Wünsche.

„Alles andere“ ist eben­falls zu gewährleisten
Die Do­ku­men­ta­ti­ons­pflich­ten sind voll­um­fäng­lich zu ge­währ­leis­ten. So ist gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. b) DSGVO der Zweck der Ver­ar­bei­tung genau fest­zu­le­gen. Art. 5 Abs. 1 lit. c) DSGVO – Ver­hält­nis­mä­ßig­keit und Da­ten­mi­ni­mie­rung – sowie Art. 5 Abs. 2 DSGVO „Re­chen­schafts­pflicht“ gelten selbst­ver­ständ­lich eben­falls verbindlich.
Extrem wichtig ist, den Grund­satz der Ver­hält­nis­mä­ßig­keit zu prüfen und aus­rei­chend zu do­ku­men­tie­ren, ins­be­son­de­re bei Ab­stel­lung auf die Recht­mä­ßig­keit des be­rech­tig­ten Interesses.

Auch der EDSA weist in seiner Leit­li­nie darauf hin, dass die Vi­deo­über­wa­chung nicht stan­dard­mä­ßig eine Not­wen­dig­keit ist (Ver­hält­nis­mä­ßig­keit). Daraus ergibt sich auch die Er­for­der­lich­keit einer Da­ten­­­schutz-Fol­­gen­a­b­­schä­t­­zung gemäß Art. 35 Abs. 3 lit. c) DSGVO bei sys­te­ma­ti­scher um­fang­rei­cher Über­wa­chung öf­fent­lich zu­gäng­li­cher Be­rei­che. Das BayLDA (Baye­ri­sches Lan­des­amt für Da­ten­schutz­auf­sicht) weist deut­lich dar­auf­hin, dass die Vi­deo­über­wa­chung unter die Tech­no­lo­gien fällt, deren Einsatz die Da­ten­­­schutz-Fol­­gen­a­b­­schä­t­­zung (DSFA) vorab er­for­der­lich macht. Im Hin­blick auf das Bußgeld ist diese Maß­nah­me und deren Do­ku­men­ta­ti­on bzw. Nach­weis eine sehr wich­ti­ge Pflicht: es geht um zwei Tat­be­stän­de, einmal die Zu­läs­sig­keit der Vi­deo­über­wa­chung im Rahmen des Auf­fang­tat­be­stands des Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f DSGVO und zum anderen um die DSFA [4].

Letzt­lich stellt der EDSA im Hin­blick auf den Grund­satz der Ver­hält­nis­mä­ßig­keit klar: Vi­deo­über­wa­chung ist nicht stan­dard­mä­ßig eine Not­wen­dig­keit (das mil­des­te Mittel), wenn es andere Mittel gibt, um den zu­grun­de­lie­gen­den Zweck zu erreichen.

Trans­pa­renz­an­for­de­rung und Hinweisbeschilderung
Der Ver­ant­wort­li­che hat auf eine Vi­deo­über­wa­chung auf Grund­la­ge des Art. 13 DSGVO zu in­for­mie­ren und seinen In­for­ma­ti­ons­pflich­ten nachzukommen.
Die Lan­des­be­auf­trag­te für den Daten­schutz Nie­der­sa­chen hat in ihrem FAQ zur Vi­deo­über­wa­chung wich­ti­ge Grund­la­gen zu­sam­men­ge­fasst. https://lfd.niedersachsen.de/startseite/datenschutzreform/dsgvo/faq/videoueberwachung/fragen-und-antworten-zur-videoueberwachung-175245.html

Die deut­sche Da­ten­schutz­kon­fe­renz (DSK), also die Ar­beits­grup­pe der Da­ten­schutz­auf­sichts­be­hör­den von Bund und Ländern, gibt in ihrem DSK Kurz­pa­pier Nr. 15 An­wen­dungs­hin­wei­se zur Vi­deo­über­wa­chung: https://www.datenschutzkonferenz-online.de/media/kp/dsk_kpnr_15.pdf

Au­ßer­dem hat die DSK sich auf ein (als Bei­spiel zu ver­ste­hen­des) Muster für ein Hin­weis­schild ver­stän­digt (https://www.lda.bayern.de/media/muster/video_hinweis.pdf):

Gut zu wissen 
· Was wird überwacht?
· Wo werden die Kameras an­ge­bracht? (innen/außen)
· Wie viele Kameras werden angebracht?
· Zu welchen Zeiten wird über­wacht? (ganz­tags / von bis / nach 18:00 Uhr / bei Bewegung)
· Erfolgt eine Auf­zeich­nung oder Monitor ohne Aufzeichnung
· Sofern auf­ge­zeich­net wird, wann werden die Auf­nah­men gelöscht?
· Wer hat Zugriff auf die Aufzeichnungen?

Wenn Sie Fragen haben, kon­tak­tie­ren Sie uns: per E-Mail consulting@AdOrgaSolutions.de.

(Autorin: Regina Mühlich ist Ex­per­tin für Daten­schutz, Da­ten­­­schutz-Au­­di­­to­­ren, Sach­ver­stän­di­ge für Daten­schutz sowie Com­pli­ance Officer und verfügt über lang­jäh­ri­ge Er­fah­rung im Daten­schutz. Sie ist ge­frag­te Do­zen­ten und Re­fe­ren­tin; Vor­stands­mit­glied des Be­rufs­ver­ban­des für Datenschutz­beauftragte Deutsch­lands (BvD) e. V.)

[1] § 75 BetrVG Grund­sät­ze der Be­hand­lung der Betriebsvereinbarungen
[2] Vgl. BAG, RDV 2011, S. 225, zum nach­ver­trag­li­chen Ein­sichts­recht in Personalakten
[3] Gola, P. (2014), Daten­schutz am Ar­beits­platz, 5. Auflage, Kö­nigs­win­ter, S. 40 Rdn. 98
[4] Schnei­der, J. (2019), Daten­schutz nach der EU-Da­­ten­­schut­z­­grun­d­­ver­­or­d­­nung, 2. Auflage, München, S. 156

07. Oktober 2019

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