Ab dem 1. Januar 2021 sind Arbeitgeber in Deutschland verpflichtet, die Arbeitszeit ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter systematisch zu erfassen. Dies betrifft alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, unabhängig davon, ob sie in Vollzeit, Teilzeit oder als Minijobber beschäftigt sind. Die genauen Anforderungen an die Arbeitszeiterfassung sind in § 16 Abs. 2 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) festgelegt. Danach sind Arbeitgeber verpflichtet, die werktägliche Arbeitszeit sowie die über die regelmäßige Arbeitszeit hinausgehende Arbeitszeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (z. B. Überstunden, Sonn- und Feiertagsarbeit) aufzuzeichnen. Diese Aufzeichnungen sind mindestens zwei Jahre aufzubewahren und den zuständigen Behörden auf Verlangen vorzulegen.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt stellt in seinem Urteil (1 ABR 22/21) vom 13.09.2022 fest, dass Arbeitgeber nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG verpflichtet sind, ein System einzuführen, mit dem die von Arbeitnehmern geleistete Arbeitszeit erfasst werden kann. Dabei beruft sich das Bundesarbeitsgericht auf die europarechtskonforme Auslegung des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) und damit auf das EuGH-Urteil zur Arbeitszeiterfassung aus dem Mai 2019.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat also entschieden, dass der Arbeitgeber über ein System verfügen muss, mit dem die Arbeitnehmer ihre Arbeitszeit erfassen können. Nach der Urteilsbegründung des BAG erstreckt sich die Dokumentationspflicht durch das neue Urteil nun auf die gesamte Arbeitszeit.
Gesetzesentwurf
Der deutsche Gesetzgeber wird das Arbeitszeitgesetz entsprechend anpassen. Das Bundesarbeitsministerium hat bereits einen Referentenentwurf vorgelegt. Der neue Gesetzentwurf sieht unter anderem vor, dass Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit noch am selben Tag elektronisch aufgezeichnet werden müssen. Das heißt, der Arbeitgeber ist verpflichtet, ein System einzuführen und zu nutzen, mit dem die geleistete Arbeitszeit erfasst werden kann. Das BAG stellt klar, dass dies auch für sog. „leitende Angestellte“ gilt.
Der Arbeitgeber kann die Zeiterfassung an seine Arbeitnehmer delegieren. Wichtig ist, dass die Arbeitszeiten überprüfbar sind und auf Verlangen der zuständigen Aufsichtsbehörde nachgewiesen werden können.
Geeignetes System
Die Verwendung eines elektronischen Systems zur Zeiterfassung ist gemäß Urteil des BAG nicht zwingend, d.h. die Dokumentation in Papierform ist prinzipiell möglich. Das System muss aber revisionssicher und praktikabel sein, so dass die Arbeitszeiten, Pausen, usw. auch tatsächlich erfasst werden.
Die Nutzung einer Softwarelösung für ein digitales An- und Abwesenheitsmanagement verschlankt allerdings die Abläufe und vereinfacht die Einbindung aller Beschäftigtengruppen. Idealerweise werden die erfassten Daten automatisch bewertet und fließen direkt in das Lohnabrechnungssystems des Arbeitsgebers ein.
Datenschutz
Auch bei der Arbeitszeiterfassung ist das Datenschutzrecht zu beachten. Die Verarbeitung personenbezogener Daten muss rechtmäßig, transparent und zweckgebunden erfolgen. Darüber hinaus müssen angemessene technische und organisatorische Maßnahmen zum Schutz der Daten getroffen werden. So ist z.B. bei der Nutzung einer Softwarelösung eine Datenschutz-Folgenabschätzung durchzuführen, bei der Nutzung einer sog. SaaS-Lösung ist zusätzlich eine Vereinbarung zur Auftragsverarbeitung abzuschließen. Unabhängig davon, für welche Lösung Sie sich entscheiden, müssen Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Rahmen der Transparenzpflicht vorab ausreichend über die neue Verarbeitung informiert werden.
Wir unterstützen Sie bei den neuen gesetzlichen Anforderungen, insbesondere bei der Einhaltung und Umsetzung der datenschutzrechtlichen Anforderungen. Gerne beraten wir Sie individuell und zeigen Ihnen, wie Sie die Arbeitszeiterfassung in Ihrem Unternehmen rechtskonform umsetzen können.
Fragen? Schreiben Sie uns ein E-Mail oder rufen Sie uns an und wir vereinbaren einen Termin – unser Team steht Ihnen gerne zur Verfügung.
Kontakt: consulting@adorgasolutions.de
Links:
Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 13. September 2022 – 1 ABR 22/21 – Einführung elektronischer Zeiterfassung https://www.bundesarbeitsgericht.de/presse/einfuehrung-elektronischer-zeiterfassung-initiativrecht-des-betriebsrats/
02.12.2022: Urteilsbegründung des BAG https://www.bundesarbeitsgericht.de/wp-content/uploads/2022/12/1-ABR-22-21.pdf