KontaktViele Ar­beit­neh­mer tun es: Sie leiten eine dienst­li­che E-Mail nach Hause auf ihren pri­va­ten E-Mail-Account weiter oder um. Alles kein Problem?
Es kommt darauf an. Nicht alles, was einem Ar­beit­neh­mer ver­nünf­tig er­scheint, ist es auch aus der Sicht des Ar­beit­ge­bers und der Gerichte.

Ver­nünf­ti­ge Gründe 
Die Gründe für das Wei­ter­lei­ten einer E-Mail sind un­ter­schied­lich. Ein Bei­spiel: Tags­über hat die Zeit nicht ge­reicht, um eine wich­ti­ge, aber ziem­lich um­fang­rei­che E-Mail zu lesen. Man möchte das abends zuhause nach­ho­len. Ein wei­te­res Bei­spiel: Ei­gent­lich möchte man am nächs­ten Tag im Home Office das dienst­li­che mobile Gerät nutzen. Gerade jetzt „spinnt“ es aber. Also weicht man mit den wich­tigs­ten E-Mail-Nach­rich­­ten auf den pri­va­ten PC aus.

Ein pro­ble­ma­ti­scher Fall 
Diese Ar­gu­men­te hören sich ver­nünf­tig an. Doch dass man auch rasch in ein pro­ble­ma­ti­sches Licht geraten kann, musste ein Ar­beit­neh­mer in einem Fall er­fah­ren, den das Lan­des­ar­beits­ge­richt Berlin-Bran­­den­­burg am 16. Mai 2017 ent­schie­den hat. Ein Mit­ar­bei­ter hatte an einem ein­zi­gen Tag in einem Zeit­raum von 90 Minuten nicht weniger als 96 E-Mails an seine private E-Mail-Adresse geschickt.Die meisten E-Mails hatten um­fang­rei­che Anhänge. Der Ge­samt­um­fang der E-Mail-Nach­rich­­ten ein­schließ­lich der Anhänge betrug fast 1.300 Seiten.

Be­rech­tig­te Fragen des Arbeitgebers 
Als der Ar­beit­ge­ber dies be­merk­te, begann er, Fragen zu stellen. Die Ant­wor­ten des Ar­beit­neh­mers darauf waren eher „win­del­weich“. Be­son­de­ren Ver­dacht schöpf­te der Ar­beit­ge­ber, als er erfuhr, dass der Ar­beit­neh­mer zu diesem Zeit­punkt bereits ein gutes Angebot für eine Ar­beits­stel­le bei einem Kon­kur­renz­un­ter­neh­men er­hal­ten hatte. Die Be­fürch­tung lag nahe, dass der Ar­beit­neh­mer nütz­li­che In­for­ma­tio­nen zum neuen Ar­beit­ge­ber mit­neh­men wollte. Sie ver­stärk­te sich, als der bis­he­ri­ge Ar­beit­ge­ber erfuhr, dass der Ar­beit­neh­mer tat­säch­lich einen Ar­beits­ver­trag mit dem Kon­kur­renz­un­ter­neh­men ab­ge­schlos­sen hatte.

Frist­lo­se Kün­di­gung rech­tens
Die Re­ak­ti­on des Ar­beit­ge­bers ist nicht über­ra­schend: Er kün­dig­te dem Mit­ar­bei­ter frist­los. Damit hatte der Ar­beit­ge­ber Erfolg. Denn das Lan­des­ar­beits­ge­richt be­stä­tig­te die Wirk­sam­keit der Kün­di­gung. Fol­gen­de Aspekte waren dabei aus Sicht des Ge­richts be­son­ders wichtig:

Wer ohne nach­voll­zieh­ba­ren Grund zahl­rei­che E-Mails an seine private E-Mail-An­­schrift wei­ter­lei­tet, ver­letzt in schwer­wie­gen­der Weise die Pflicht, auf die In­ter­es­sen seines Ar­beit­ge­bers Rück­sicht zu nehmen.
Das gilt ins­be­son­de­re, wenn er in Ver­hand­lun­gen mit einem neuen Ar­beit­ge­ber steht und der neue Ar­beit­ge­ber ein Kon­kur­renz­un­ter­neh­men betreibt.Es ist Sache des Ar­beit­neh­mers, eine dienst­li­che Not­wen­dig­keit für die Wei­ter­lei­tung darzulegen.

Vor­sicht mit dem Ar­gu­ment „Home Office“! 
Wenig wissen wollte das Gericht von dem Ar­gu­ment, dass dem Ar­beit­neh­mer Arbeit im Home Office erlaubt gewesen sei. Allein daraus ergibt sich keine Ge­neh­mi­gung, E-Mails an das private Account wei­ter­zu­lei­ten. Dies gilt vor allem dann, wenn der Ar­beit­ge­ber für die Arbeit zuhause einen dienst­li­chen Laptop zur Ver­fü­gung stellt. Und genau das war vor­lie­gend der Fall. Eine Spei­che­rung auf einem pri­va­ten Com­pu­ter ist dann für die Arbeit nicht erforderlich.

Faust­re­geln und Empfehlungen
Daraus ergeben sich fol­gen­de Rat­schlä­ge für die Praxis:

  • Be­den­ken Sie, dass dienst­li­che Mails oft Ge­schäfts­ge­heim­nis­se ent­hal­ten. Auf­wän­di­ge Schutz­me­cha­nis­men Ihres Un­ter­neh­mens helfen nichts, wenn Sie diese Vor­keh­run­gen durch eine Wei­ter­lei­tung von Mails an Ihren pri­va­ten Account unterlaufen.
  • Deshalb gilt: Wenn Sie dienst­li­che Mails an Ihren pri­va­ten E-Mail-Account wei­ter­lei­ten wollen, sollten Sie vorher mit Ihrem Ar­beit­ge­ber klären, ob das in Ordnung geht. Das ver­mei­det spätere Streitigkeiten.
  • Seien Sie vor­sich­tig mit der Über­le­gung, eine solche Wei­ter­lei­tung er­leich­te­re doch nur die Arbeit. Dies gilt auch, wenn Sie von zuhause aus ar­bei­ten dürfen (Home Office). Ihr Ar­beit­ge­ber sieht die Dinge mög­li­cher­wei­se ganz anders.
  • Be­son­ders kri­tisch wird es, wenn Ihnen für die Arbeit zuhause ein dienst­li­ches Gerät zur Ver­fü­gung steht. Dann gibt es i.d.R. keinen nach­voll­zieh­ba­ren Grund, statt­des­sen ein pri­va­tes Gerät zu verwenden.
  • Sollte dies aus­nahms­wei­se doch einmal er­for­der­lich sein, weil zum Bei­spiel tech­ni­sche Defekte beim dienst­li­chen Gerät vor­lie­gen, melden Sie diese Defekte um­ge­hend dem Ar­beit­ge­ber. Dann kann man ab­spre­chen, wie ver­fah­ren wird.

Ent­schei­dung des Ge­richts: Web­su­che „Ak­ten­zei­chen „7 Sa 38/17“

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