Am 26. Mai 2023 wurde das Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG)1 in dritter Lesung verabschiedet. Es ist am 1. Juli 2023 in Kraft getreten.
Was ändert sich?
Seit dem 01. Juli 2023 muss der Arbeitgeber sicherstellen, dass die Neuregelungen der gesetzlichen Pflegeversicherung für seine aktiven Beschäftigten umgesetzt sind. Nach § 55 Abs. 3 SGB XI2 hat der Arbeitgeber die Elterneigenschaft und die Anzahl der Kinder unter 25 Jahren gegenüber der beitragsabführenden Stelle nachzuweisen.
Als Nachweis kommen beispielsweise Geburtsurkunden, Vaterschaftsanerkennungen, Abstammungsurkunden, steuerliche Lebensbescheinigungen des Einwohnermeldeamtes, Bestätigungen des Pflegekindschaftsverhältnisses durch die zuständige Behörde oder Adoptionsurkunden in Betracht. Die Geburtsurkunde ist also nur eine Möglichkeit des Nachweises.
Bei Dokumenten ist darauf zu beachten, dass nicht relevante Daten, wie z.B. Wohnort, Geburtsdatum der Eltern, etc. auf der Kopie geschwärzt werden. Die Erhebung der erforderlichen Daten ist mit einer Selbsterklärung wesentlich einfacher und datenschutzkonformer. Der Arbeitgeber benötigt lediglich den Vor- und Zunamen sowie das Geburtsdatum des Kindes.
Datenschutzkonforme Erhebung
Eine digitale Meldemöglichkeit ist derzeit noch nicht möglich. Die Einführung eines digitalen Verfahrens ist bis zum 31. März 2025 vorgesehen (§ 55 Abs. 3 c SGB XI). Bis dahin sind folgende Erhebungswege möglich:
Analoge Meldemöglichkeit
Der Nachweis der Elternschaft (Kinder < 25 Jahre) kann z.B. in Papierform, übermittelt werden. Aus datenschutzrechtlichen Gründen sollte z.B. auf den Versand von Urkunden per E-Mail verzichtet werden und die Übermittlung nicht über unsichere Kanäle (z.B. Chatanbieter) erfolgen. Ist eine Übermittlung per E-Mail dennoch erforderlich, sollten die (geschwärzten) Dokumente verschlüsselt / passwortgeschützt übermittelt werden.
Empfehlenswert ist die Übermittlung per Post, persönlich oder über firmeninterne, geschützte Download-Bereiche.
Meldung via Selbsterklärung (§ 55 Abs. 3 d SGB XI)
Für den Zeitraum vom 01.07.2023 bis zum 30.07.2025 reicht es aus, wenn der Arbeitnehmer den Nachweis der Kinder durch eine Selbstauskunft erbringt. Auf Anforderung des Arbeitgebers hat der Arbeitnehmer Auskunft über die berücksichtigungsfähigen Kinder zu erteilen.
Dem Arbeitgeber ist nur die Anzahl der berücksichtigungsfähigen Kinder mitzuteilen. (§ 55 Abs. 3 SGB XI). Anzugeben sind grundsätzlich Vorname, Nachname, Geburtsdatum des Kindes.
Weitere Daten dürfen nicht gespeichert und verarbeitet werden. Werden die Daten anhand von Geburtsurkunden oder anderen Nachweisen erhoben, sind die nicht erforderlichen Angaben entsprechend zu schwärzen bzw. dürfen nicht erhoben und gespeichert werden. Die Erhebung durch eine „freiwillige Selbstauskunft“ vermeidet somit unnötigen Aufwand.
Die Nachweise, ob in Papierform oder elektronisch, sind sicher aufzubewahren. Da es sich um sensible Nachweise handelt, ist ein datenschutzkonformer Meldeweg zu entwickeln.
Handlungsempfehlungen
Die neue Verarbeitung ist im Verzeichnis der Verarbeitungstätigkeiten zu dokumentieren, das Lösch- und Aufbewahrungskonzept ist zu ergänzen. Gegebenenfalls sind weitere technische und/oder organisatorische Maßnahmen zu treffen und Zugriffsberechtigungen anzupassen, die entsprechend zu dokumentieren sind (Sicherheit der Verarbeitung).
Im Hinblick auf die Sensibilität der Daten, aber auch in Abhängigkeit vom Meldeweg, ist eine Datenschutz-Folgenabschätzung zu empfehlen.
Die Informationspflichten gegenüber den Beschäftigten sind ebenso anzupassen wie auch der Prozess im Rahmen des Onboardings. Je nach Prozessablauf sind auch die Datenschutzhinweise für die Bewerber ebenfalls anzupassen. Bei bereits beschäftigten Arbeitnehmern geht dem jedoch eine Information über die Gesetzesänderung und die Erforderlichkeit der Erhebung der (zusätzlichen) personenbezogenen Daten voraus, d.h. eine Information über das Verfahren zur Bereitstellung der erforderlichen Informationen an den Arbeitgeber.
Fazit
Aufgrund der gesetzlichen Erweiterung des § 55 SGB XI besteht Handlungsbedarf auf Seiten des Arbeitgebers. Er muss vor allem seine internen Prozesse – von der Erhebung bis zur Übermittlung – anpassen und die Verantwortlichkeiten entsprechend definieren bzw. erweitern.
Wie bei allen neuen Verarbeitungen sind auch hier die Rechenschaftspflichten sicherzustellen und entsprechende Kontrollprozesse zu implementieren. Konkret:
- Ergänzung des Verzeichnisses der Verarbeitungstätigkeiten
- Anpassung der Datenschutzhinweise und Informationspflichten
- ggf. Durchführung einer Datenschutz-Folgenabschätzung (DSFA)
- ggf. Anpassung der technischen und organisatorischen Maßnahmen
Rechtsgrundlage für die Erhebung der personenbezogenen Daten ist die gesetzliche Verpflichtung – Art. 6 Abs. 1 lit. c i.V.m. § 55 Abs. 3 SGB XI.
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